Die Appenzeller Strassenbahn 2. Teil |
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Strassenbahn Altstätten-Berneck / Altstätten-Gais-Bahn (Stoosbahn) |
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Berichterstattung von Hans Rudi Lüthy-Pavan, Gestaltung von Franz Straka |
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Technische Daten über das Teilstück Altstätten-Berneck / Altstätten-Gais-Bahn (Stoosbahn) |
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Betriebseröffnung 6.4.1897 Altstätten-Berneck-Bahn, 9.972 m Länge 6.10.1897 Strassenbahn Altstätten-Berneck (Teilstück Altstätten VSB/SBB – Altstätten Rathaus 18.11.1911 Altstätten Stadt – Gais 26.6.1912 Altstätten Rathaus – Altstätten Stadt |
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Betriebseinstellung |
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Betriebsart |
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SGA BDeh 4/4 Nr. 13 im aktuellen Design und mit Zwischenwagen und Abt- Steuerwagen im Bahnhof Altstätten. Foto: H.R. Lüthy |
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A) Geschichte der Altstätten-Berneck-Strassenbahn |
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In der Mitte des 19. Jahrhunderts befasst man sich in der Ostschweiz mit einem sogenannten Ostalpenbahnprojekt. Die VSB (Vereinigte Schweizer-Bahnen) hatten am 1.7.1858 die Linie Rheineck-Sargans-Chur eröffnet und somit den Anfang einer kommenden „Ostalpenbahn“ geschaffen. Im Rheintal tauchten bald Projekte auf, wie die stets wachsenden Gemeinden mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen werden könnten, denn die VSB führte in gerader Linie durchs Rheintal. Industrielle der Region planten eine mit Dampf betriebene Strassenbahn von Hohenems über Diepoldsau und Heerbrugg nach Berneck. 1890 kam durch Jac. Schmidheiny, Ziegeleibesitzer in Heerbrugg der Gedanke, eine rheintalische Strassenbahn von Altstätten nach Berneck-Au-Rheineck-Thal bis Rorschach zu bauen. |
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CFe 3/3 Nr. 3 mit typischen Anhängewagen in Altstätten. Sammlung SVEA |
Der Konstrukteur der Sissach-Gelterkinden- Strassenbahn, Ing. Gysin, verfasste ein konkretes Projekt über den Bau und Betrieb einer elektrische Strassenbahn Altstätten-Berneck (Spurweite 600 mm, System Décauville). Welches im Mai 1892 der Bevölkerung vorgelegt wurde. Bald entbrannte eine Diskussion, ob überhaupt eine solche Bahnverbindung notwendig bzw. rentabel sei. So stiess eine Finanzierung auf harten Boden. Dank privaten Geldgebern war im August 1895 das Geld beisammen |
(600.000 Aktienkapital). Die Konzession wurde nach einigen Einwendungen am, 29.6. 1893 für eine 1.000 mm Spurweite erteilt. 1896 begann man mit dem Bau der Strassenbahn und überwand viele Hindernisse im Strassen- und Oberbau mit einer optimalen Trassee. Die Firma Fritz Marti aus Winterthur führte die ganze Bahnanlage aus, obwohl sich die Lieferfrist der Schienen bis September 1896 hinausgezögert hatte. Am 16.3.1897 war Kollaudation und die feierliche Betriebseröffnung am 5.4.1897. Alktstätten hatte nun also seine Strassenbahn und am, 6.10.1897 wurde auch die Verbindung zwischen der Stadt und dem VSB-Bahnhof Altstätten dem Verkehr übergeben. |
CFe 3/3 Nr. 16 (Baujahr 1911) im Bahnhof Altstätten SBB, ursprünglich Triebwagen Nr. 1, 1973 remisiert. 1982 als Nr. 3 restauriert und an das VHS in Luzern übergeben. Sammlung SVEA |
B) Geschichte der Altstätten-Gais (Stoosbahn) |
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Eine Eisenbahnverbindung zwischen der 1889 eröffneten Appenzeller Strassenbahn von Gais über den Stoos reifte schon früh, obwohl seit 1898 eine Postkursverbindung bestand. Die Vieh- und Warenmärkte in Altstätten zogen immer viele Leute an. Auch gab es zahlreiche Touristen, die es in das Alpsteinmassiv zog. So wurde 1880 ein Projekt von Altstätten-Gais-Appenzell-Wasserauen-Säntis ausgearbeitet worden. Für eine Bahn Altstätten-Gais wurde am 23.6. 1905 die Konzession erteilt. |
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ABFeh 4/4 Nr. 8 mit altem Anhängewagen der A-G und Güterwagen SGA am Bahnhof Altstätten. Aufnahme von 1960, Foto: H.R. Lüthy |
Der Triebwagen Ce 4/4 Nr. 20 der Altstätten-Berneck-Bahn. ca. 1945 Foto: Sammlung SVEA |
Der Marktort Altstätten wollte mittels Zahnstange auf direktem Weg mit Gais – und damit der Anschluss nach Appenzell und St. Gallen – verbunden werden. Sie hatten befürchtet, ohne eine gute Verbindung würde ihre traditionelle Kundschaft aus dem Appenzellerland ausbleiben. Aus diesem Grund verdankt die „Stoosbahn“ ihre Entstehung einem Altstätter Initiativkomitee. 1,303 Mio. Aktienkapital war beisammen und der Bau konnte realisiert werden. Im April 1910 konnte nach der Genehmigung durch die Eidgenössischen Behörden mit dem Bau begonnen werden. |
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Zahlreiche Schwierigkeiten (Hangrutschungen, Konkurs der Baufirma, technische Mängel am Rollmaterial) brachten für das Unternehmen eine harte Konfrontation (viele Schwierigkeiten). Bis zu 160 ‰ Steigung musste mit der Zahnstange, System Strub, überwunden werden. Die Firma Alioth Münchenstein bekam den Auftrag in Zusammenarbeit mit SIG Neuhausen und SLM Winterthur je 3 Trieb- und Anhängewagen zu bauen. Die dreiachsigen Triebwagen CFeh 2/3 (340 PS) gehörten zu den bemerkenswertesten |
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elektrischen Triebfahrzeuge der „Eisenbahn-Frühzeit“ für gemischten Adhäsions- und Zahnradbetrieb.
Am 20.1.1911 war die feierliche Eröffnung. Kurze Zeit später brachte der 1. Weltkrieg einen gewaltigen Einbruch. Erst 1917-1920 stabilisierten sich die Einnahmen, ja sogar ein kleiner Überschuss konnte erwirtschaftet werden. Die Konkurrenz der Strasse machte sich ab 1921 deutlich bemerkbar. Zähe Verhandlungen gab es während des 2. Weltkrieges, wo man vor allem von der Finanzhilfe des Bundes (Privatbahnhilfe 1939) abhängig war.
Die Fusion mit der SGA stand da im Vordergrund, welche auf den 1.1.1947 verwirklicht wurde. Dadurch konnte man von der 1,05 Mio. Franken Privatbahnhilfe des Bundes für die Rollmaterialerneuerung profitieren. |
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Die Gemeinden und Kantone mussten allerdings auch ihren finanziellen Verpflichtungen in gleicher Höhe nachkommen. Aufgrund eines neuen Stromsystems (1.500 V) musste die gesamte Fahrleitung erneuert werden. Mit dem Hinfall des Trambetriebes in Altstätten am 2.6.1973 war die SGA alleinige Benützerin des Strassenbahnstückes Bahnhof SBB-Altstätten Stadt. |
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Durch das starke Verkehrsaufkommen rund um die Marktstadt Altstätten stimmte die massgebenden Behörden der Einstellung des Bahnbetriebes zwischen Bahnhof und Stadt zu und der letzte SGA-Zug fuhr am 31.5.1975 durch die Altstadtgassen. Die Eröffnung eines Bahnshops und die Inbetriebnahme von Pendelzügen 1993 (BDeh 4/4 16-17 und Steuerwagen ABt 116-117) sowie die Zahnstangensanierung gehörten zu den neusten Zielsetzungen des Unternehmens. Von der ehemaligen Altstätten-Gais-Bahn sind heute noch die Wägen CFeh 2/3 2 + 3 vorhanden. Die Nr. 3 ist in nichtbetriebsfähigem Zustand als Exponat im Verkehrshaus Luzern anzusehen, während der ursprüngliche CFeh 2/3 2 zuletzt als Dienstwagen Xe 2/3 17 tätig war. Der Verein AG 2 hatte sich das Ziel gesetzt das Fahrzeug in den Urzustand von 1911 zurückzuversetzen, ebenso der Anhängewagen B 123. Die Bahn erfreut sich guter Frequenzen insbesondere für die vielen ausgeschilderten Wanderwege im Einzugsgebiet. |
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Rollmaterialverzeichnis von der Altstätten-Gais-Bahn |
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CFeh 3/3 Nr. 1, Baujahr 1911, SIG/Alioth/SLM 30 km/h, 147 t, 32 Plätze |
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CFeh 3/3 Nr. 2, Baujahr 1911, SIG/Alioth/SLM 30 km/h, 147 t, 32 Plätze Umbau 1961 in BDe 2/3, (Zweispannungsfahrzeug 1.700 V/1.000V |
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CFeh 3/3 Nr. 3, Baujahr 1911, SIG/Alioth/SLM, 30 km/h, 147 t, 32 Plätze |
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Ceh 4/4 Nr. 4, Baujahr 1914m SIG/BBC/SLM, 30 km/h, 147 t, 44 Plätze |
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Quellen |
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Hermann Bischofberger, Roland Inauen Juni 1997 Notizen zu den Appenzellerbahnen Elektr. Nahverkehr im Rheintal v Martin Schweizer/Prellbockverlag Eisenbahn Amateur 09/1989 |
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Den 5. Teil der Berichtserie finden Sie auf http://www.schmalspur-europa.at oder Die Appenzeller Strassenbahn Teil 1: St. Gallen-Gais-Appenzell Teil 2: Strassenbahn Altstätten-Berneck / Altstätten-Gais-Bahn (Stoosbahn) Teil 3: Die Trogenerbahn Teil 4: Die Säntisbahn Teil 5: Strecke Gossau-Herisau-Urnäsch-Appenzell-(Wasserauen) |
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Text: Hans Rudi Lüthy Gestaltung: Franz Straka Juni 2008 |
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