Die Remisen der Grazer Verkehrsbetriebe

 

Berichterstattung: Michael Sturm und Dipl.-Päd. Martin Ortner
Gestaltung: Dipl.-Päd. Martin Ortner und Franz Straka

Bei unserem letzten Besuch im Juli 2008 bei den Grazer Verkehrsbetrieben (GVB) konnte unser Redaktionsteam die – normalerweise für Fotografen unzugänglichen – Remisen „Steyrgasse“ und „Hauptwerkstätte“ sowie die Remise „Alte Poststraße“ im Rahmen einer Führung besichtigen. Diese wurde dankenswerter Weise durch den technischen Leiter der GVB Herrn DI Thomas Kerschberger durchgeführt.



Arbeitstriebwagen 251 steht vor der Remise I abgestellt. Foto: Martin Ortner


Triebwagen 605 steht vor der Halle der Remise III , welche auch die Räderdrehbank beinhaltet.
Foto: Michael Sturm
Die Führung gab uns die Möglichkeit die Werkstättenhalle, die Abstellanlage sowie das Freigelände besichtigen zu können. In allen Stadien der Hauptuntersuchung sowie laufenden Revisionen konnten wir dadurch Fahrzeuge fotografieren. Weiters wurde uns die Aufarbeitung des Triebwagens 93 durch den Leiter des Grazer Straßenbahnmuseums Herrn Rudolf Watzinger fachkundig erläutert.

Schienenschleiftriebwagen 262 steht im Freigelände der Remise I abgestellt.
Foto: Martin Ortner


Museumstriebwagen 93 (Baujahr 1906) wird in der Werkstätte wieder aufgebaut.
Foto: Martin Ortner
Die Grazer Strassenbahn betreibt derzeit an zwei Standorten in Graz Remisen. Die im Jahr 1909 erbaute Remise III „Alten Poststraße" befindet sich in der Eggenberger Straße und dient heute hauptsächlich als Abstellanlage. Ursprünglich war sie zur Abstellung vo 48 Zügen ausgelegt. In ihr befindet sich auch die Räderdrehbank der GVB.
Die Remise „Steyrgasse“ beinhaltet die Hauptwerkstätte sowie die Remisen I und II. Als Remise I wird jener Teil bezeichnet, der die Hauptwerkstätte und die Freiluftabstellanlage beinhaltet. Diese wird meist zum Abstellen von ausgemusterten Fahrzeugen herangezogen. Zum Zeitpunkt unseres Besuches befand sich der derzeitige Museumszug 566 (ex. Wuppertal), welcher sich in einem äußerst schlechten Zustand zeigte und nicht fahrfähig ist, im Freigelände abgestellt. Eine fahrfähige Aufarbeitung ist derzeit laut Aussage Herrn Watzingers nicht geplant.

Triebwagen 566 (ex. Wuppertal ) steht ebenfalls im Freigelände abgestellt. Foto: Michael Sturm

Fahrgastraum des Triebwagen 556.
Foto: Michael Sturm

Fahrerplatz des Wuppertaler 566.
Foto: Michael Sturm

Auch der Rüstwagen ist in der Remise Steyrgasse anzutreffen. Foto: Michael Sturm
Im Rahmen der Führung konnte TW 532 (ex. Duisburg) besichtigt werden, welcher Zwecks Drehgestelltausch im Rahmen seiner Hauptuntersuchung mittels Hebebühnen aufgehoben wurde. Weiters konnte die „Graffiti-Bim“ 263 (Lohner) bei der Reparatur des Fahrschalters, sowie abgestellte Museumswagen (z.B. eine der letzten Grazer Kohlenloren) aus der Nähe betrachtet werden. Die Führung gab uns auch die Möglichkeit einen Blick in die Werkstätten der Drehgestellrevision sowie der Radsatzinstandsetzung zu werfen.

Triebwagen 532 erhält im Zuge seines Werkstättenaufenthalt neue Drehgestelle.
Foto: Michael Sturm

Grafitti-Bim 263 befindet sich wegen einer Reparatur des Fahrschalters in der Werkstätte.
Foto: Michael Sturm

Antriebsradsätze mit Bremsscheibe und Achsgetriebe stehen zur Montage bereit. Foto: Michael Sturm

Revision der Drehgestellrahmen.
Foto: Martin Ortner

In der Remise II befinden sich die neue Abstellanlage und die Revisionshalle für die Niederflurwagen der Type „City-Runner“. Hier wird auch die tägliche Durchsicht der Wagen durchgeführt. Neben den üblichen Grazer Wagen der Typen 260, 500, 520, 580 und 600 konnten wir die ehemaligen Wiener Wagen der Type E1 4654 (291), 4677 (292) und 4706 (293) besichtigen. Diese Wagen bekamen eine komplette Neulackierung sowie ein Fahrgastinformationssystem und Sitzpolster. Weitere Anpassungsarbeiten umfassten das Grazer Funksystem, die Montage neuer Fahrscheinentwerter sowie das Anbringen von Rückspiegeln und die Grazer Weichenstelleinrichtung.

Triebwagenparade in der Wagenhalle der Remise II . Von Links nach rechts: 278, 265, 505, 291 und 503.
Foto: Michael Sturm

Triebwagen 292 (ex E1 4677) steht abfahrtsbereit in der Weichenharfe der neuen Wagenhalle.
Foto: Michael Sturm
In der Revisionshalle konnte das Holzmodell eines City-Runner-Frontmoduls besichtigt werden, welches die Nummer 650 trug. Da sich das Modell im Freien befindet, ist es von der Witterung leicht beschädigt. Laut Aussage DI Kerschbergers kann man dieses sogar käuflich erwerben (Informationsstand: 07.2008).


Vorführmodell (Mock-Up) aus Holz des Grazer Niederflurtriebwagen der Type Flexity Outlook (ehemals City-Runner ). Foto: Martin Ortner
Der Fuhrpark der GVB besteht derzeit aus 66 Triebwagen unterschiedlicher Baureihen.Die ältesten Fahrzeuge im Planbetrieb stellen die sieben sechsachsigen Gelenktriebwagen der Serie 260 dar, welche in den Jahren 1963 bis 1965 von den Wagonfabriken Lohner und SGP mittels einer DÜWAG-Lizenz gebaut wurden.

Vier Triebwagen der Serie 260 wurden in den Jahren 1995 bis 1997 in der Hauptwerkstätte mit Mittelteilen der ehemaligen Wuppertaler Triebwagen (Serie 550) sowie deren Drehgestellen zu Achtachsern umgebaut. Sie erhielten die Nummern 581 bis 584 zugeteilt.

 


Triebwagen 581 befährt soeben eine Kletterweiche im Zuge von Gleisbauarbeiten im Sommer 2008 auf der Linie 5. Foto: Michael Sturm
Da man Ende der 1970er Jahre erkannte, dass sechsachige Triebwagen für den Grazer Betrieb zu kurz sind, bestellte man 1978 insgesamt 10 Stück Achtachser bei SGP, welche in der Nummerngruppe 501 bis 510 zusammengefasst sind.
Bis 1991 wurden 17 Gelenkwagen der Baujahre 1971 bis 1973 gebraucht aus Duisburg angeschafft, die ab Juni 1994 eingesetzt wurden. Sie sind an Hand des Scherenstromabnehmers und dem Mittendachsignal leicht von den SGP-Achtachsern zu unterscheiden. Als Nummerngruppe wurde ihnen 521 bis 537 zugewiesen.

Triebwagen 527 (ex Duisburg) macht auf seiner Tour auf der Linie 7 Halt am Jakominiplatz.
Foto: Michael Sturm
1986 wurden 12 Stück Sechsachser der Nummerngruppe 600 bei SGP bestellt, welche sich im Design an deutsche Stadtbahnwagen orientierten. Sie sind außerdem mit Schwenkstufen ausgerüstet. 1999 wurden sie mit Niederflurmittelteile ausgestattet, welche von Bombardier gefertigt wurden . Als Drehgestell wurden Ersatzdrehgestelle der Wuppertaler Triebwagen eingebaut.
Die Erneuerung des Fuhrparks konnte im Jahre 2000 fortgesetzt werden, da in diesem Jahr das erste Vollniederflurfahrzeug im Dienst der GVB gestellt wurde. Es handelt sich hierbei um einen sechsachsigen Triebwagen der Type Flexity Outlook C (vormals als Cityrunner bezeichnet). Insgesamt wurden bis 2001 18 Triebwagen abgeliefert.

Triebwagen 609 fährt in der Herrgottwiesgasse auf der Linie 5 in Richtung Puntigam.
Foto: Michael Sturm

Niederflurtriebwagen 664 der Type Flexity Outlook aufgenommen auf der Linie 1 am Jakominiplatz.
Foto: Michael Sturm
Auf Grund eines Fahrzeugengpasses in Folge der Streckenverlängerungen der Linien 4, 5 und 6 wurden im Jahr 2007 drei Triebwagen der Wiener Type E1 gekauft, welche seit 12. November 2007 im Planeinsatz stehen und die Nummern 291 bis 293 erhielten..

Triebwagen 291 fährt soeben von der Jakoministraße kommend in die Haltestelle Jakominiplatz ein.
Foto: Michael Sturm

Triebwagen 293 wartet in der neuen Halle der Remise Steyrgasse auf seinen nächsten Einsatz auf der Linie 4.
Foto: Michael Sturm
Auch zukünftig wird der Fuhrpark der GVB erneuert, so dass bis 2015 die letzten Hochfurfahrzeuge außer Dienst gestellt werden können. Um dieses Ziel erreichen zu können, wurde im August 2007 ein Vertrag mit dem Fahrzeughersteller Stadler über die Lieferung von 45 Niederflurfahrzeugen der Type Variobahn abgeschlossen. Die Lieferung der ersten Triebwagen soll 2009 erfolgen und bis 2015 abgeschlossen werden.
Text & Bilder: Michael Sturm & Dipl.-Päd. Martin Ortnerr
Gestaltung: Franz Straka & Dipl.-Päd. Martin Ortner
November 2008