Die Krakauer Strassenbahn
Teil I
 
Berichterstattung: Josef Trzionka, Gestaltung: Martin Ortner
Am 31. Oktober 1882 wurde die erste Pferdestrassenbahn in Krakau mit einer Spurweite von 900 mm eröffnet. Die Strecke war 2,8 km lang und verband den Hauptbahnhof mit dem Hauptmarkt und Most Podgórski. Errichtet wurde die Strecke von der belgischen Firma „Compagnie Generale des Chemins de Fer Secundaires“. 1895 ging deren Konzession an die neu gegründete „Tramway Austrichens – Cracovie et Extensions Societe Anonyme“ über. Im selben Jahr wurde eine weitere Strecke mit einer Länge von 1,67 km eröffnet, welche vom Hauptmarkt über die Karmelicka Strasse zum Krakauer Park führte.
 
Zweispänniger Winterwagen der Pferdestrassenbahn
in Krakau der Type "Modell 2".

Sommerwagen der Pferdestrassenbahn in Krakau. Im Hintergrund sieht man die Alte Stadtbastei. Ansichtskarte um 1899

1900 wurde von der Stadt Krakau ein Vertrag mit der „Krakauer Elektrischen Strassenbahn“ abgeschlossen. Die Gesellschaft baute ihr eigenes Netz und errichtete für die elektrische Versorgung der Bahn ein Unterwerk sowie ein eigenes Kraftwerk. Somit konnte am 16. März 1901 die erste elektrisch betriebene Schmalspurstras-senbahn in Krakau verkehren. Für diese Linie wurden 17 Triebwagen beim Hersteller Sanok bestellt, während als Beiwagen adaptierte Pferdebahnwagen eingesetzt wurden.
Durch den Erfolg der Linie wurde das Streckennetz ausgebaut. Der Netzausbau kam später ins Stocken, als es zwischen der Betreibergesellschaft und der Stadt Krakau zu Verstimmungen kam. Dies führte dazu, dass die Stadt 95% der Aktien aufkaufte und die Strassenbahn verstaatlichten. Man erkannte, dass die Zukunft der Strassenbahn nur durch eine Änderung der Spurweite auf 1435 mm gesichert ist. Deshalb baute man 1910 die erste normalspurige Strecke mit eigenen Betriebsbahnhof. In weiterer Folge wuchs das normalspurige Netz durch den Bau neuer Strecken rasch an, so dass im Jahr 1913 bereits 25 normalspurige, neben 30 Schmalspurtriebwagen, im Planbetrieb eingesetzt wurden.
 

Triebwagen der Type SN1 fährt um 1919 auf Linie 5.

Ein Triebwagen der Type SW1 befährt den Hauptring. Im Hintergrund sieht man die Marienkirche.
Die Alte Stadtbastei bildet den Hintergrund für den Triebwagen der Type SW1.
 
1925 erfolgte in Krakau die Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr. Weiters gründete die Stadt Krakau eine neue Gesellschaft, welche „Krakowska Elektryczna Kolej Miejska“ genannt wurde, und auch die Anteile der beiden Vorgängerbetriebe aufkaufte. 10 Jahre später erfolgte der Start der Umspurung der Schmalspurstrecken.
Im Jahr 1938 bestellte man bei Sanok 28 moderne Wagen, welche bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zum Großteil ausgeliefert wurden. Das Liniennetz umfasste neun Strecken, welche mit 87 Triebwagen (davon 29 schmalspurige) und 24 Beiwagen betrieben wurden.

Die Lieferung der neuen Wagen erfolgte per Bahn-transport. Wagen 524 wartet auf seine Abladung.

Eine Triebwagenparade gebildet aus den Wagen 35, 37 und 38 im Depot der Linie 5.

Triebwagen 87 der Gattung SN 2 mit einem Anhänger der Type Pn2 auf der Linie 0.

Ein Fahrschein für eine Freifahrt, gültig am 10., 11. oder 12. Mai 1930 auf den Strecken der elektrischen Strassenbahn in Krakau.

Die Besetzung Polens sowie die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs hatten auch Auswirkungen auf den Betrieb. Strassenbahnen mussten verstärkt im Güterverkehr eingesetzt werden, da die Lastkraftwagen von der deutschen Wehrmacht eingezogen wurden. Außerdem war die Hälfte der Fahrzeuge nur für Deutsche zu benutzen. Trotz des Krieges konnten 1940 zwei neue Strecken den Betrieb übergeben werden. Weiters kamen 1940/41 insgesamt 38 Fahrzeuge (14 Trieb- und 24 Beiwagen) aus Nürnberg und Eberswalde nach Krakau. Diese befanden sich in einem schlechten Erhaltungszustand. Durch diese Überstellungen konnte der Wagenstand bis zum Ende des Krieges auf 100 Trieb- und 49 Beiwagen anwachsen. Die Kriegshandlungen erreichten auch Krakau, wodurch ein erheblicher Schaden an der Infrastruktur entstanden ist. Doch bereits am 17. Februar 1945 wurde die erste Strecke wieder in Betrieb genommen. Es war die Strecke der schmalspurigen Linie 1. Der vollständige Wiederaufbau der Strassenbahn war erst bis Ende 1947 abgeschlossen.

Triebwagen 89 der Type Sn3 "Zeppelin", welcher von MAN in Nürnberg gebaut wurde.

Triebwagen der Type Sn4 - Baujahr 1910 - kam aus Eberswalde nach Krakau.
 

Da das männliche Personal der Elektrischen Strassenbahn von der Wehrmacht zum Kriegsdienst eingezogen wurde, mussten wie in vielen anderen deutschen Städten Frauen den Fahr- und Schaffnerdienst erledigen.

Fahrschein der Elektrischen Strassenbahn Krakau. Er gilt für 11 Fahrten ohne Umsteigberechtigung und ist zweisprachig ausführt.
 
In den nächsten Jahren änderte sich die Bezeichnung des Betriebes einige Male, so dass ab 1951 der Name „Miejski Zaklad Komunikacyiny“ verblieb. Im Jahr 1949 kamen die ersten Stahlkastenwagen der Type N vom Hersteller Konstal nach Krakau. Diese Zeit war durch die Erschließung des Stahlwerks Nowa Huta sowie des Wohngebietes Nowa Huta geprägt. 1952 wurde die Strecke zum Hauptmarkt eingestellt und 1953 verkehrte die letzte Schmalspurstrassenbahn in Krakau. Durch diese Maßnahmen stieg der Wagenstand auf 340 Wagen an. 1969 wurde die ersten Gelenktriebwagen der Type 102N/102 Na und 1975 Wagen der Type 105 N des polnischen Herstellers Konstal nach Krakau geliefert.
 

Der letzte Betriebstag der Type N war am 27. November 1988. Triebwagen 80 und Beiwagen 513 stehen in der Endstelle der Linie 7 bereit zur nächsten Fahrt.

Die ersten Gelenktriebwagen auf Krakaus Strassen waren die von Konstal gebauten Fahrzeuge der Typen 102 N und 102 Na. Triebwagen 227 der Type 102 Na fährt auf der Linie 15.
 
Der Triebwagen 206 auf der Linie 16 zeigt uns die Triebwagentype 102 N.
Der Triebwagen 4 der Type 105NaT befährt auf der Linie 19 die Schleife Güterbahnhof am 24.04.1994.
 

1989 wurden gebrauchte Gelenktriebwagen und Beiwagen aus Nürnberg gekauft. In den letzten Jahren wurden verstärkt Wiener Triebwagen der Typen E1 und E6 sowie Beiwagen der Type c3 und c6 angeschafft. Während die Wagen der Typen E1 und c3 nach geringfügigen Anpassungsarbeit in Betrieb gesetzt werden, baute man aus je einem E6 und einen c6 eine neues Einrichtungsfahrzeug mit Niederflurmittelteil auf. Doch auch moderne Niederflurwagen des Herstellers Bombardier sind auf den Strassen Krakaus anzutreffen. Das Netz wurde in den letzten Jahren ständig ausgebaut. Zur Zeit wird an der Fertigstellung einer 12 km langen Schnellstrassenbahn zwischen Krowodrza und Kurdwanów gearbeitet. Diese unterfährt in einem 1,5 km langen Tunnel den Krakauer Hauptbahnhof.

 
Aktueller Liniennetzplan der Krakauer Strassenbahn. Quelle: Tramwaje Krakowa
 

Ein sechsachsiger Gelenktriebwagen ist mit einem vierachsigen Beiwagen, beide ehemalge Nürnberger Wagen, auf der Linie 4 unterwegs.

Es kamen auch Triebwagen der Gattung T4 - von MAN gebaut - aus Nürnberg nach Krakau . Triebwagen 124 befährt mit passenden Beiwagen die Linie 5.
 

Neben den gebraucht aus Nürnberg und Wien erworbenen Fahrzeuge verkehren auch Neubauwagen der Firma Bombarbier in Krakau. 6-achsiger Nieder-flurgelenktriebwagen Nummer 2 fährt auf Linie 12.
Um die polnischen Konstaltriebwagen ersetzen zu können, erwarb die Krakauer Strassenbahn Wiener Züge der Type E1 und c3. Diese erhielten eine Digitalanzeige sowie eine neue Lackierung.
 
Krakau erwarb auch Wagen der Wiener Type E6. Diese werden durch Einbau eines Niederflurmittelteils in 8-achsige Einrichtungsfahrzeuge umgebaut . Nur Wagen 4926 wurde auf der Linie 72 in der Wiener Lackierung nach Ausbau der Kupplungen im Planbetrieb eingesetzt.
 

Literatur über die Strassenbahn in Krakau:

J. Piwowonski "Dzwonia tramwaje" Nasza Ksiegarnia 1989 r.

Swiat Kolei nr 3/97 - Ryszard Stankiewicz - Tramwaje SN1

Historia komunikacji miejskiej w Krakowie 1875-1975 - Zespól redakcyjny: *Materialy i studia sekcji historycznej MPK Kraków - 2/1987: Zenon

Gierdziewicz, Elzbieta Grochala, Kazimierz Sliwinski, Gustaw Wróblewski .

Jacek Kolodziej - Krakowskie wagony SN2 i PN2 - Swiat kolei nr 6/97

Jacek Kolodziej - Wagony Zeppelin w Krakowie - Swiat kolei nr 7/2001

Materialy i studia sekcji historycznej MPK Kraków - 2/1987

Jacek Kolodziej - Krakowskie wagony typu 102N - "Swiat Kolei nr 8/2000"

Arkadiusz Lubka, Marcin Stiasny - "Atlas tramwajów" PKMK 2004

Od warsztatów Przetwórczych do Alstom Konstal S.A. - Krzysztof Soida, Emi-Press Lódz 1999

praca zbiorowa: Historia Elektryki Polskiej - tom V: Trakcja elektryczna, Wydawnictwa Naukowo-Techniczne, Warszawa 1971 (str. 101 - 107)

Lehnhart H., Jeanmaire C.: Strassenbahnen in Osteuropa / Tramways of Eastern Europe, Verlag Eisenbahn, Villigen 1975, ISBN 3-85649-025-6 (str. 115 - 116, 118, 154 - 158)

Piwowonski J.: Dzwonia tramwaje, Nasza Ksiegarnia, Warszawa 1989, ISBN 83-10-09357-8

Rataj M.: Miejska trakcja elektryczna 1965-1993, Stowarzyszenie Elektryków Polskich, Warszawa 1995, ISBN 83-905169-2-6 (str. 110 - 121)

mat. rózne: Miejskie Przedsiebiorstwo Komunikacyjne w Krakowie sp. z o. o. Wczoraj - dzis - jutro, Stowarzyszenie Inzynierów i Techników Komunikacji, Kraków 1995 (str. 7 - 16)

Krakowski autobus, Muzeum Inzynierii Miejskiej w Krakowie, Kraków 2002, ISBN 83-915665-2-8

Lubart-Krzysica J.: Tramwajem przez Kraków 1875-2005, Oficyna Konfraterni Poetów, Kraków 2005, ISBN 83-89045-46-X

Miejskie Przedsiebiorstwo Komunikacyjne S. A. w Krakowie - prezentacja firmy, Miejskie Przedsiebiorstwo Komunikacyjne, Kraków 2005 (str. 4 - 13)

 

Text & Bilder: Josef Trzionka
Gestaltung: Martin Ortner
Jänner 2011