Strassenbahn Schaffhausen-Schleitheim StSS
Zusammengestellt von Hans Rudi Lüthy, Gestaltet von Franz Straka

Betriebseröffnung

Neuhausen-Rheinhof – Oberwiesen-Stühlingen 8.8.1905
Betriebslänge: 16.491 m
Spurweite: 1.000 mm
Max. Steigung: 63 ‰
Stromsystem: 880 V Gleichstrom
Endgültige Betriebseinstellung 1.10.1964

Die Hochrheinbahn von Basel nach Konstanz wurde im Jahre 1863 eröffnet und führte durch den Klettgau (Kanton Schaffhausen). Das nördlich dieser Bahn gelegene Schleitheim mit seinen Steinbrüchen und Gipsmühlen versuchte ebenfalls einen Bahnanschluss zu bekommen. So wurden zunächst Pferdebahnen von Schleitheim nach Neunkirch bzw. Beringen projektiert, oder – nach dem Bau der badischen Wutachtalbahn („Sauschwänzlebahn“) – sogar eine normalspurige Verbindung Stühlingen-Schleitheim-Beringen entworfen. Nach jahrelangen Konzepten und Verhandlungen kam es erst 1904 zum Bau einer Bahn, deren Strecke in Neuhausen-Rheinhof begann und welche bis zum Bahnhof Schaffhausen die Gleise der 1901 eröffneten Strassenbahn mitbenützte (Von Anfang an war der elektrische Betrieb vorgesehen). Als Bauleiter fungierte Ingenieur Gabriel Narutowitz (ein gebürtiger Litauer, welcher später noch bei weiteren Bahnbauten in der Schweiz aktiv war).


CFe 4/4 Nummer 1 vor dem Depot in Siblingen. Sammlung: SVEA

CFe 4/4 Nummer 6 in der Strasse von Schaffhausen ca. 1945. Sammlung: SVEA

Die am 18.8. 1905 eröffnete Strassenbahn nach Schleitheim (im Volksmund „Schlaate-Bahn) war eine Meterspurbahn mit annähernd 19 km Länge, wovon ca. 3 km auf die mitbenützte städtische Strassenbahn entfielen. Anfang des 20. Jahrhunderts waren auch Bemühungen im Gange, den benachbarten Klettgau zu erschliessen, doch scheiterten die Pläne, da die badische Bahn ihren Anspruch hier erhob.


CFe 4/4 Nummer 5 mit C4 Nummer 61.
Sammlung: SVEA

Der Betrieb wurde mit vier Triebwagen CFe 4/4 Nummern 1-4 (SIG/MFO; 36 Sitzplätze und Gepäckabteil; 25 km/h), dem Güter- und Diensttriebwagen Fe 2/2 Nummer 51 (später als Xe 2/2 51 bezeichnet) sowie drei Personen- und einigen Güterwagen aufgenommen. Bereits 1907 wurde zusätzlich ein CFe 4/4 Nummer 5 (SIG/MFO) sowie weitere 2-achsige Personenwagen C 2 (Nummern 14-16) beschafft. Im Jahre 1911 folgten zwei weitere C 2 Nummern 17 – 18 und 1920 ein vierachsiger C 4 Nummer 61 dazu. Alle diese Wagen wurden in der nahe gelegenen SIG Neuhausen konstruiert. Um den Verkehr bewältigen zu können wurde 1921 ein CFe 4/4 Nummer 6 (SIG/MFO) in Betrieb genommen. Für den Ernteverkehr setzte man Extra-Güterzüge ein (sogar ein Viehextrazug existierte). Mit dem Wiederaufflackern des Strassenverkehrs nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Frachtverkehr laufend zurück. Im Herbst waren öfters Holz transporte auszuführen.

1920 ersetzte man die Lyrabügel durch Pantographen und die Trompetenkupplungen durch die +GF+-Kupplungen der ortsansässigen Georg-Fischer-Werke. Im Laufe der Jahre kamen weitere kleine Verbesserungen am Wagenpark dazu. Die Triebwagen Nr. 3 u 5 erhielten noch eine neue elektrische Ausrüstung. Das „graue Entlein“ (Spitzname des Triebwagen) verlor bald die Farbe und wohl aufgrund der Aussicht auf einen Verkauf erhielten die Triebwagen in den letzten Betriebsjahren noch eine Neubemalung.


CFe 4/4 Nummer 3 unterwegs. Sammlung SVEA

Hier der 2achsige Wagenpark der Schaffhausen-Schleitheim-Bahn. Sammlung: SVEA
Entwickelte sich die Bahn anfangs zufriedenstellend, wurde die finanzielle Situation nach dem Ersten Weltkrieg schlechter. Vor allem rächte sich die sparsame Ausführung der Gleisanlage, welche grosse nachträgliche Investitionen erforderte. Deshalb wurden schon Ende der 1920er Jahre Überlegungen über eine Busersatzlösung angestellt, wie dies durch den damaligen Direktor der Frauenfeld-Will-Bahn, Ing. Hürlimann, ausgeführt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden immer wieder Gutachten angefordert, von denen sich allerdings die Mehrzahl für eine Beibehaltung und Modernisierung der Bahn aussprach. Immerhin beförderte die Bahn rund 650.000 Reisende jährlich.



CFe 4/4 Nummer 6. Sammlung SVEA

Neben dem Personentransport, gab es auch einen grossen Landwirtschaftstransport bei der StSS. Sammlung: SVEA

CFe 4/4 Nummer 2 mit beladenem Güterwagen. Sammlung: SVEA

Der Xe 2/2 Nummer 51 mit Güterwagen bei Rangierarbeiten in Siblingen ca. 1960. Foto: E. Suter

Der Kanton jedoch entschied sich 1960 endgültig für die Stilllegung, da er die Investitionen für die Verlegung auf einen eigenen Bahnkörper und die Beschaffung von neuen Triebwagen nicht tragen wollte. Eine Volksabstimmung im Jahre 1961 votierte ebenfalls gegen die Bahn, deren Schicksal damit besiegelt war. Am 1. Oktober 1964 nahm die Bevölkerung von ihrem „Schlaate-Bähnli“ Abschied mit der letzten Fahrt.



BFe 4/4 unterwegs im Sommer 1960. Foto: E. Suter

BFe 4/4 Nummer 6 wartet auf Arbeit im Jahre 1960. Foto: E. Suter

Das Rollmaterial wurde – je nach Zustand – verkauft oder abgebrochen. Die Triebwagen Be BFe 4/4 Nr. 3, Nr.5 und 6, ebenso der Vierachser B 4 61 gelangten zur Biel-Täuffelen-Ins-Bahn, waren aber auch bei der Oberaargau-Jura-Bahn im Einsatz.
1964 war die Schaffhausen-Schleitheim-Bahn verschwunden. Zwei Jahre später folgte diesem Schicksal auch die Schaffhausen-Tram. Das einstige Depot Siblingen dient in modernisierter Form noch als Busunterkunft. Die schmalspurige Werksbahn der durch ihre +GF+-Kupplungen bekannte Firma Georg Fischer im Mühlental blieb bis 1993 erhalten. Die Gleisanlagen der StSS- eigenen Strecke verschwanden umgehend, wogegen jene auf Stadtgebiet noch längere Zeit teils überteert das Andenken an die Strassenbahnen hochhielten.

Quellen

„H. Waldburger: Mittelpuffer 48/2006 „Auf der Schlaate Bahn“

Schweers/Wall: Schmalspurparadies Schweiz, Band 2

Eisenbahn-Amateur und Fotoarchiv SVEA

Zusammengestellt von Hans Rudi Lüthy
Gestaltet von Franz Straka
Jänner 2013