Die Schwyzer Strassenbahn |
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Text und Bilder von H.R. Lüthy - Pavan, Gestaltung von Franz Straka |
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Technische Daten der Schwyzer Strassenbahnen (SStB) |
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Betriebseröffnung: Schwyz-Seewen 6. Oktober 1900 |
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Im Kantonshauptort Schwyz hatte man 1882 mit der auf der Station Seewen vorbeifahrenden Gotthardbahn Kontakt einen Anschluss herstellen können. Die geplante Linienführung führte zu einem Streit um die Trasse, welcher vom Bundesrat zu Gunsten der Gemeinde Schwyz entschieden wurde und die Gotthardbahn verpflichtete, eine Verbindungsstrasse nach Schwyz zu bauen. Wie schon seit 1875 zwischen Schwyz und Brunnen stellte eine Pferdepost die Verbindung zwischen Seewen und Schwyz her. |
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Ce 2/2 Tramwaggon, Jahrgang 1900 (SWS + BBC) welcher 1918 an die Biseckbahn verkauft wurde. Kurz vor dessen Abstellung (Ausrangierung) ca. 1950 in Basel. Foto: Sammlung SVEA/Collection ASEA |
Mitte der Achtzigerjahre konstituierte sich ein Initiativkomitee für den Bau einer Dampfstrasssenbahn von Schwyz nach Seewen und Brunnen. Die nahende 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft ließ eine Verbesserung der Verbindungen dringend erscheinen, doch stieß das Vorhaben auf verschiedenste Widerstände. Man war zum Beispiel von der Betriebsart der Bahn nicht überzeugt. Die Behörden gaben der Dampfstrassenbahn den Vorzug (vor dem gleichzeitig eingereichten Projekt einer Normalspurbahn von Schwyz nach Seewen) und erteilten dazu 1890 die |
Konzession. Obwohl diese mehrmals verlängert wurde, blieb diese bis 1898 ungenützt, denn die Gotthardbahn gab keine Zustimmung zur geplanten Niveaukreuzung mit ihren Geleisen in Brunnen. |
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So verzichtete man vorerst auf die Linie Schwyz-Brunnen und reichte 1898 ein Konzessionsgesuch für eine elektrische Strassenbahn Schwyz-Seewen ein. Das lange Warten erwies sich insofern nicht als Nachteil, als sich nun die Möglichkeit der elektrischen Traktion bot. Vorbild war zu dieser Zeit die mit Drehstrom betriebene Luganeser-Strassenbahn. Am 1.Juli 1898 bewilligte der Bundesrat die Konzession und bereits am 15. Mai 1899 wurde die Aktiengesellschaft "Elektrische Strassenbahn Schwyz-Seewen “ gegründet. Im gleichen Jahr begann man mit den Bauarbeiten und am 6. Oktober 1900 konnte der Betrieb eröffnet werden. |
Tramwagen Nummer 6 mit Anhänger Nummer 11 im Juli 1963. Foto: W. Trüb/Sammlung SVEA |
Die Schweizer Wagonfabriken Schlieren und BBC Baden lieferte zwei Ce 2/2 Nr. 1 – 2 (2 x 25 PS-Leistung) mit 50 Plätzen, eingerichtet für Drehstrombetrieb 750 V. Zur gleichen Zeit erhielt die Städtische Trambahn Zürich gleichartige Triebfahrzeuge. |
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Triebwagen Nummer 2 mit Anhänger. Foto: W. Trüb/Sammlung SVEA |
Depotszenein Jbach unmittelbar nach der Stilllegung Dezember 1963. Foto: Sammlung SVEA/Collection ASEA |
Auf Begehren des Eidg. Post- und Eisenbahndepartementes musste ein dritter gleichartiger Motorwagen angeschafft werden, der im April 1901 ausgeliefert wurde, aber erst im Juli 1901 in Betrieb kam. 1910 kam ein kleiner Motorwagen für die spezielle Postbeförderung dazu. Bald tauchte der Gedanke wieder auf, Schwyz mit dem jetzt in voller Blüte stehenden Fremdenverkehrsort Brunnen durch eine Strassenbahn zu verbinden. Das Kantonale Gesetz vom 14. Mai 1911 schuf die Möglichkeit, vom Kanton und Gemeinden Subventionen zu erhalten . Es blieb das Problem der Niveaukreuzung mit der Gotthardbahnstrecke in Brunnen, wo man sich erst nach Baubeginn auf eine Überführung einigen konnte. |
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Tramwagen an der Herrengasse in Schwyz, ca. 1962. Foto: SStB/Slg. SVEA |
Am 13. November 1911 wurde die Aktiengesellschaft „Schwyzer Strassenbahn“ gegründet, in welcher die „elektrische Strassenbahn Schwyz-Seewen aufgenommen wurde. Die Konzession wurde am 31. Dezember 1912 erteilt und im Januar 1913 war Baubeginn der 1.770 m langen Strecke Schwyz-Ibach und später der 3.550 m lange Fortsetzung nach Brunnen (eingleisig mit entsprechenden Ausweichstellen in Ibach und Brunnen-BahnhofSBB). Zwischen Schwyz und Seewen gab es keine Ausweichstelle. Die Trasse wurde vorwiegend in die Strasse verlegt (mit Rillenschienen auf eisernen Querschwellen und einem 45 cm starken Schotterbett). Für Schwyz-Brunnen sowie zwischen Ibach und Ingenbohl wurden aus Spargründen Vignole-Schienen verlegt. Am 22. Juli 1914 fand die erste Probefahrt statt. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges verzögerte jedoch die Betriebseröffnung bis zum 12. Oktober 1914. |
Da das Teilstück Ibach-Brunnen wegen des mangelnden Fremdenverkehrs nur im Sommer zu betreiben war, wurde die offizielle Eröffnung der gesamten Linie auf den 8. Mai 1915 festgelegt. Mit der Streckenerweiterung wurde auch eine neue Stromart (Gleichstrom 1000 V) gewählt. Es wurde neues Rollmaterial bestellt und auf den Umbau der „alten Motorwagen“ verzichtet. Die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) – zu dieser Zeit hatten die schweizerischen Waggonfabriken die deutsche Konkurrenz zu fürchten – und die BBC Baden lieferten |
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Wenige tage vor der betriebseinstellung im November 1963. Drei Tramwagen noch auf der Achse. Foto: Sammlung SVEA/Collection ASEA |
Triebwagen Ce 2/2 Nummer 3 vor dem Depot in der Schwyz. Foto: C. Jeanmaire/Slg. SVEA |
1914 sechs neue Motorwagen Ce 2/2 1 – 6 (2 x 70 PS, Höchstgeschwindigkeit 45 km/h) mit zwei Beiwagen C 2. Die ersten Motorwagen der Schwyz-Seewen-Linie Ce 2/2 Nr. 1 – 4 wurden 1918 an die Birseckbahn verkauft. Lediglich das alte Postwägelchen blieb vom Rollmaterial der ersten Generation erhalten. Die neuen Motorwagen, die durch ihre Ausmaße und das elegante Aussehen auffielen erinnerten äußerlich sehr an deutsche Straßenbahnen. In ihrem crémefarbigen Aussehen waren sie bei der Bevölkerung bald beliebt. 1915 wurde ein gedeckter Güterwagen für die umfangreichen Posttransporte angekauft. Andere Güter wurden auf der Schwyzer Strassenbahn nie transportiert. In den Jahren 1929, 1936, 1942 und 1947 wurden nicht näher umschriebene Modernisierungen der Wagen 2 sowie 4-6 durchgeführt (Die Nr. 2 stand zwischen 1927 – 1929 und die Nr. 6 zwischen 1930 – 1935 außer Betrieb). Ab 1938 wurden die Untergestelle verstärkt und 1950-1956 dieWagenkästen erneuert. Die im Jahre 1915 gelieferten leichten Sommerwagen mussten nun auch für den Winter im Einsatz stehen, weshalb die beiden teilweise geschlossenen Wagen 1928 und 1931 ganz verglast und 1934 sogar mit einer Abschlusstüre zwischen den Plattformen und dem Abteil versehen wurden. |
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Triebwagen Ce 2/2 Nummer 2, Baujahr 1903 der Schwyz-Seewen-bahn. Foto: BBC/Slg. SVEA |
Tramwagen, der einenach Brunnen, der andere nach Seewen begegnen sich. Foto: Slg. SVEA |
1941 erlebte die Schwyzer Strassenbahn eines ihrer größten Verkehrsaufkommen, denn während des Zweiten Weltkrieges waren Festspiele mit über 10.000 Personen zu bewältigen, sodass schon zu dieser Zeit Autobusse die Tram unterstützen mussten. Das Jahr 1945 brachte mit fast 900.000 beförderten Passagieren ein absolutes Rekordergebnis. Der wirtschaftliche Fortschritt ab den 50er Jahren erforderte auch von der Straßenbahn einige Modernisierungen. So wurde bei diversen Ausbauplänen des Gesamtverkehrs die Straßenbahn vielerorts als Hindernis betrachtet. Der Gedanke der Abschaffung der Strassenbahn stand bald im Mittelpunkt zahlreicher Diskussionen. |
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Triebwagen Ce 2/2 Nummer 6 in Brunnen, kurz vor der Betriebseinstellung im Jahre 1962. Foto: R. Wanner/Slg. SVEA |
Obwohl die Konzession noch bis 1978 gültig gewesen wäre fiel die Schwyzer Straßenbahn der Modernisierung zum Opfer. Eine Totalrevision der Strassenbahn und viele Strassenanpassungen hätten für eine Erhaltung bewältigt werden müssen, denn der alte Strassenkörper und die bald 50-jährigen Triebwagen hatten buchstäblich ausgedient. 1953 befasste sich der Verwaltungsrat der Schwyzer Strassenbahn ernsthaft mit der Frage einer Betriebsumstellung auf den Busbetrieb.
Die engen Platzverhältnisse, besonders an den Endstationen hinderten vorerst einen solchen |
„Umstellungsgedanken“. Auch mussten die Strassen zuerst ausgebaut werden. Die „Trams“ kam immer wieder mit dem übrigen öffentlichen Verkehr in Konflikt. In den engen Gassen von Schwyz und Ibach kam es oft zu Verkehrsstockungen. Die alten Rillenschienen waren bei den Radfahrern gar nicht beliebt. Entlang der Gotthardstrasse zwischen Ibach und Ingenbohl gab es besonders im Winter mit den Schneeräumungsarbeiten einige Probleme. Schließlich wollte man mit der neuen Zeit Schritt halten und merkte auf gewissen Strecken, dass der Bus bequemer, effizienter und flexibler als die Straßenbahn ist. Anfang 1960 fuhr man nicht mehr mit allen Motorwagen und im Winter gab es keine Heizung in den Führerständen. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung beschloß der Verwaltungsrat am 28. Dezember 1961 die definitive Umstellung auf den Busbetrieb und die Betriebseinstellung mit 29. September 1963 . Jedoch durch die verspätete Lieferung der Autobusse konnte die Betriebsaufnahme des neuen Busbetriebes erst am 15. Dezember 1963 erfolgen und die Tram fuhr am Samstag den 14. Dezember 1963 zum letzten Mal. Bald wurden die Schienen entfernt und die Wagen teilweise verschrottet. 3 Motorwagen blieben noch ein paar Jahre als stilles Denkmal auf Kinderspielplätzen erhalten, wo sie noch einigen romantischen Fahrten auf dem Netz der Schwyzer Strassenbahn nachträumten. |
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Quellen |
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Schweiz. Privatbahnen/ Eisenbahn Amateure 06.64 |
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Text/Foto:
H.R. Lüthy-Pavan Gestaltung: Franz Straka Jänner 2009 |
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